Wenn sich die Welt plötzlich dreht
Schwindel ist ein häufiges, aber vielschichtiges Symptom. Ob Dreh- oder Schwankschwindel – die Ursachen reichen von harmlosen Störungen im Innenohr bis zu ernsthaften Erkrankungen wie einem Schlaganfall. Eine genaue Abklärung ist entscheidend, um die passende Therapie einzuleiten und gefährliche Verläufe frühzeitig zu erkennen.
Was ist Schwindel?
Patientinnen und Patienten beschreiben Schwindel sehr unterschiedlich. Die meisten berichten über ein Gefühl des Drehens oder Schwankens beziehungsweise über Unsicherheit beim Gehen. Andere schildern Scheinbewegungen im Raum oder das Gefühl zu haben, ohnmächtig zu werden. Manche tun sich schwer, ihren Schwindel präzise zu beschreiben. Für Neurologinnen und Neurologen ist das wenig überraschend, wenn man bedenkt, wie komplex unser Nervensystem ist. Damit Schwindel entstehen kann, muss die Wahrnehmung der eigenen Position im Raum gestört sein. Dafür ist ein gesundes Gehirn erforderlich, welches von gut funktionieren Sensoren nahtlos mit Informationen versorgt wird. Zu diesen Sensoren gehören das Gleichgewichtsorgan im Innenohr, die Augen sowie spezielle Rezeptoren in Muskeln und Gelenken. Bereits eine Störung von einem dieser Sensoren kann Schwindel auslösen. Wichtig dabei ist: Schwindel ist keine eigenständige Erkrankung, sondern Ausdruck und Folge von unterschiedlichen, oft unabhängigen Erkrankungen. Eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung sind daher unerlässlich, um die Ursache des Schwindels zu erkennen und der Patientin eine gezielte Therapie anbieten zu können.
Wie häufig ist Schwindel?
Schwindel ist in der Bevölkerung weit verbreitet und ein häufiger Grund für den Besuch beim Neurologen. Bis zu einem Drittel aller Erwachsenen sind im Laufe ihres Lebens mindestens einmal von Schwindel betroffen. Neben Schmerzen ist Schwindel sogar das häufigste Symptom in neurologischen Notaufnahmen. Es ist daher nicht überraschend, dass Neurologen sich der Problematik besonders stark widmen.
Arten von Schwindel – Drehend oder schwankend
Am einfachsten unterscheiden kann man Drehschwindel (wie auf einem Karussell) und Schwankschwindel (wie auf einem Schiff). Drehschwindel entsteht meist durch eine Störung im Innenohr. Beim Schwankschwindel gibt es mehrere Ursachen und Diagnosen.
Um die Ursache für den Schwindel besser einordnen zu können, sind folgende Fragestellungen wichtig:
- Tritt der Schwindel dauerhaft oder attackenweise auf?
- Wie lange dauert der Schwindel an?
- Treten begleitende Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen oder Stürze auf?
- Besteht ein Zusammenhang mit Körperbewegung, Körperlage und Tageszeit?
Die Liste der Fragen ist dabei jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft.
Mögliche Ursachen – von harmlos bis ernst
Die Liste der Erkrankungen als mögliche Auslöser ist lang. Das Paradebeispiel für Schwindel ist eine lose Ablagerung im Gleichgewichtsorgan des Innenohrs, die häufig nach Kopfverletzungen oder bei älteren Personen auftreten kann. Typisch dafür ist ein kurzer Drehschwindel beim Drehen im Bett oder beim Bücken, zum Teil begleitet von Übelkeit bis zu Brechreiz. Die Symptomatik ist sehr störend, mit sogenannten Befreiungsmanöver kann jedoch schnell Abhilfe geschaffen werden. Ein dauerhafter Schwankschwindel tritt häufig bei Menschen mit langjähriger Zuckerkrankheit (Diabetes) auf, unter anderem als Folge geschädigter Sensoren an den Beinen. Gerade bei älteren Personen können auch eine ungenügende Flüssigkeitszufuhr, Herzerkrankungen oder bestimmte Medikamente Schwindel verursachen und sollten nicht unterschätzt werden.
Ist Schwindel gefährlich?
Schwindel ist belastend und bedarf einer neurologischen Abklärung. Meist handelt es sich jedoch um ein ungefährliches Symptom, das nur selten zu Stürzen führt.
Was tun beim ersten Schwindelanfall?
Schwindel ist ein «Chamäleon» der Medizin: Er kann Ausdruck einer gutartigen Erkrankung, aber auch ein isoliertes oder begleitendes Symptom eines Hirnschlags sein, insbesondere bei älteren oder multimorbiden Personen.
Wenn mehrere der folgenden Anzeichen auftreten, ist es ratsam zeitnah eine Notaufnahme aufzusuchen.
- allgemeines Krankheitsgefühl
- Übelkeit
- Unsicherheit beim Stehen und Gehen
- Doppelbilder