150 Jahre Spital Langenthal - 1. Teil
Vorgeschichte
Die Vorgeschichte des Spitals Langenthal geht mehr als 150 Jahre zurück. Sie beginnt im Jahr 1830, als Landärzte noch selten waren und der Weg zu einer bernischen Krankenfürsorge auf dem Land durch die liberale Verfassung eröffnet wurde. Bis anhin wurde nichts Nennenswertes für die Hospitalisierung von Verunfallten oder Schwererkrankten auf dem Lande unternommen. Die Kranken wurden in der Familie, so gut es ging, gepflegt.
Die Armen und sozial Entwurzelten aus dem ganzen Bernerland konnten sich im «Schausaal» des Berner Inselspitals zur Aufnahme melden, welches als Landeskrankenhaus diente. Durch eine starke Bevölkerungszunahme war die Insel zu klein geworden und Entlastungen durch Spitäler auf dem Lande wurden gefordert.
Notfallstuben für die Armen
1835 wurde die Errichtung von Notfallstuben und Berzirksspitälern durch den Grossen Rat entschieden. Bis Ende 1836 eröffnete die Notfallstube mit 10 Betten in Langenthal im sogenannten Zehntspeicher. Der Andrang in den Folgejahren war gross, da das Einzugsgebiet gross war. Chronisch Kranke konnten aufgrund des grossen Andranges nicht behandelt werden. Arbeitsüberlastung und Raumnot waren die Gründe, dass Ende der sechziger Jahre auf eine Erweiterung der Notfallstube gedrängt wurde.
Auf dem Weg zur Bezirkskrankenanstalt
Da mit einer zusätzlichen finanziellen Beteiligung des Staates nicht gerechnet werden durfte, wurde ein hierfür bestellter Ausschuss zusammengestellt. Dieser entschied, die bestehende Anstalt im Zehntspeicher nicht mehr zu ändern, sondern eingehen zu lassen und einen Neubau zu wagen.
1870 wurde der Vorschlag von den Abgeordneten aller Gemeinden des Amtsbezirks Aarwangen gutgeheissen. Damit war der Grundstein zur Bezirkskrankenanstalt gelegt.
Eröffnung Bezirkskrankenanstalt
In langen, zähen Verhandlungen wurde schliesslich der Standort – die Langenthaler Mühlematte – festgelegt und unverzüglich mit dem Bau begonnen. Am 18. November 1875 war der Neubau der Bezirkskrankenanstalt mit 40 Betten bezugsbereit. Die Kosten betrugen CHF 130‘000. Die Eröffnungsfeier fand am 2. April 1876 statt. Die Notfallstube hatte damit ausgedient, wurde abgebaut, weiterverkauft und in Roggwil als Schmiede wiederaufgebaut.

Das Röntgeninstitut
Erst 1895, 20 Jahre nach Eröffnung der Bezirkskrankenanstalt Langenthal, hat Konrad Röntgen jene mysteriösen Strahlen entdeckt, die er X-Strahlen nannte. Diese konnten undurchsichtiges Material durchdringen. Durch die sofort massiv einsetzende Erforschung dieser Strahlen wurde innerhalb weniger Jahre die die elementaren Grundlagen der heutigen Röntgentechnik erarbeitet. Und so wurde auch in Langenthal bereits vor 1920 in einem kleinen Röntgenkabinett Aufnahmen auf Glasplatten angefertigt.
Mitte der dreissiger Jahre installierte das Spital einen sehr leistungsfähigen Röntgengenerator, dem damals im Spital noch kein gleichwertiger gegenüberstand. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde zusammen mit einem vollamtlichen radiologischen Chefarzt ein Röntgeninstitut realisiert. Dieses galt für schweizerische Spitäler dieser Grössenordnung als überaus fortschrittlich und fand entsprechende Anerkennung.


Der erste Krankenwagen
Die Anfänge des Rettungswesens im Oberaargau waren alles andere als komfortabel: Bis ins frühe 20. Jahrhundert mussten Kranke oder Verletzte oft mit improvisierten Fuhrwerken, Handkarren oder was gerade zur Verfügung stand, ins Spital gebracht werden. Eine unzumutbare Situation – fand auch Spitalpräsident Fritz Baumberger. 1903 stellte er deshalb einen Antrag zur Anschaffung eines eigenen Krankenwagens.
Die Firma Grogg Langenthal baute den pferdegezogenen Wagen im Wert von 2000 Franken und schenkte diesen dem Spital. Da am Spital weder Platz für Pferde noch für den Wagen vorhanden war, fand man beim Gasthof Kreuz in der Marktgasse eine Lösung: Der Wagen wurde dort untergestellt und der dortige Wirt übernahm auch den Fahrdienst.
Dennoch blieb der Krankenwagen anfangs wenig genutzt. Viele Bewohnende scheuten die Kosten (ab CHF 2.50 pro Transport) und griffen weiterhin auf improvisierte Transportmittel zurück. Probleme bereitete auch die Federung – Patienten klagten über die unbequeme Fahrt.
Im Jahr 1921 kam der erste motorisierte Krankenwagen der Marke Renault zum Einsatz und wurde bis 1940 genutzt. Der alte Wagen wurde 1925 ausser Betrieb genommen und verkauft.


Anstieg der Operationen durch medizinischen Fortschritt
Zu den Krankheitsfällen in den ersten Jahren gibt es keinen Bericht. Erst zu 1900 gibt es erste Zahlen. In diesem Jahr wurden 336, mehrheitlich kleine und mittlere, chirurgisch-gynäkologische Operationen durchgeführt. Auch in den Jahren danach bis 1920 bewegten sich die vorgenommenen Eingriffe zwischen 220 und 320 jährlich. Erst ab 1921 kam ein sprunghafter Anstieg zunächst auf 500, dann auf 700 Operationen.
Die Krankheitsfälle veränderten sich mit der Übernahme der Spitalleitung durch Dr. Baumann im Jahre 1928. Die Zahl der grösseren Eingriffe, vor allem in Bereich des Magen-Darm-Traktes, stiegen laufend an. Dies war zum grossen Teil des Fortschrittes der Diagnostik und Operationstechnik in der Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe zu verdanken. Bis im Jahr 1960, dem letzten Jahr der Tätigkeit von Prof. Baumann am Spital Langenthal, war die Zahl der chirurgisch-gynäkologischen Eingriffen auf 2‘100 angestiegen. Die Gründe sind einerseits das Bevölkerungswachstum, andererseits die Entwicklung der Anästhesie und des Blutersatzes. In diesen Jahren wurden bereits über 350 Bluttransfusionen vorgenommen. Auch in den darauffolgenden Jahren stieg die Anzahl an Operationen, Vollnarkosen und Bluttransfusionen weiter stark an.
Heute führt das Spital Langenthal mit sechs Operationssälen jährlich über 7‘000 Operationen durch.
Anzahl behandelter Patienten
Aufgrund des Bevölkerungswachstums, der medizinischen Entwicklung und dahinhingehend mit der Vergrösserung des Spitals konnten mit der Zeit immer mehr Patienten behandelt werden.
Patienten | Krankenpflegetage | |
1876-1900 | 6’533 | 241’284 |
1901-1925 | 19’447 | 686’412 |
1926-1950 | 39’277 | 956’361 |
1951-1975 | 83’447 | 1'294’279 |
Total | 148’704 | 3'178’336 |