Frauen und ihre Hormone

«Deine Hormone spielen verrückt.» Welche Frau hat diesen Satz nicht schon zu hören bekommen, wenn sie mal etwas gereizt war? Ist das einfach nur ein blöder Spruch, oder ist da wirklich was dran?

Von der Pubertät bis zu den Wechseljahren wird frau mit diesen typisch weiblichen Botenstoffen immer wieder konfrontiert. Während andere Hormone im Körper vollkommen unauffällig ihrer Funktion nachgehen, bekommt man die Sexualhormone doch recht deutlich zu spüren ‒ von der ersten Periode als Teenager bis zur Menopause mit Mitte fünfzig. Und manchmal reissen diese aufdringlichen Hormone sogar die gesamte Gefühlswelt, die Stimmung und die Herrschaft über den Körper einer Frau einfach an sich.

Andererseits: Gäbe es diese kleinen Dinger nicht, würden sich Mädchen nie zur Sexualpartnerin entwickeln und sie könnten niemals Mutter werden. So leisten Östrogene beispielsweise nicht nur einen Beitrag zur körperlichen, sondern auch zur psychischen Entwicklung einer Frau. Sie beeinflussen den Körperbau, Haut, Haare und das seelische Gleichgewicht. Zudem schützen sie Knochen und Gefässe und beugen so Osteoporose vor und verringern das Risiko für einen Herzinfarkt.

Weibliche Hormone sind also nicht immer nur «Plagegeister», die Frauen zickig machen und schlechte Laune oder Hitzewallungen verursachen ‒ sie sind auch überaus wichtig für den weiblichen Körper und die Gesundheit.

Geraten die Hormone mal aus dem Gleichgewicht, kann mit einer ausgewogenen Ernährung mit viel Gemüse, frischen Kräutern und wenigen, aber guten Kohlenhydraten einiges erreicht werden: Der Körper erhält die richtigen Nährstoffe, was sich wiederum positiv auf den Hormonhaushalt auswirkt. Was man sonst noch tun kann, wenn die Hormone mal Achterbahn fahren, erfahren Sie auf den nächsten Seiten von unseren Fachärzten der Frauenklinik.

«Wenn Mädchen erwachsen werden»

Ab dem 12. Lebensjahr fangen Mädchen an, sich körperlich zu verändern: Sie werden erwachsen und ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Umso wichtiger ist es, dass sie auf diesem Weg zur Frau richtig begleitet werden. 

Der erste Besuch beim Frauenarzt kann bei Mädchen gemischte Gefühle auslösen. «Deshalb gibt es in der Frauenklinik die Mädchensprechstunde, in welcher man sich besonders viel Zeit für Fragen rund um den weiblichen Körper nimmt», erklärt Caroline DʼAndrès, Leitende Ärztin im Gynäkologischen Ambulatorium. 

In der Mädchensprechstunde finden Mädchen und junge Frauen im Alter von 12 bis 18 Jahren Rat: was tun, wenn die Periode einsetzt? Oder wenn Schmerzen auftreten oder die Monatsblutung zu stark ist?

Ein offenes Ohr
Die leitende Ärztin beantwortet Fragen ohne Zeitdruck. «Dies ist eine wichtige Phase im Leben einer jungen Frau, ganz besonders dann, wenn es Probleme gibt, die sorgfältig abgeklärt und behandelt werden müssen.» Gerade, wenn der Zyklus sich erst einpendeln muss und Probleme entstehen, ist es wichtig, zu verstehen, dass sich der Hormonspiegel im Körper verändert. Auch Verhütung ist oft ein Thema, das besprochen werden muss. «Wir unterstützen die Mädchen dabei, die jeweils bestmögliche Verhütungsmethode zu finden, und klären auch über allfällige Nebenwirkungen auf», erklärt Caroline DʼAndrès.

Vertrauen aufbauen
Wenn ein Mädchen nicht allein zur Sprechstunde gehen möchte, kann es eine Begleitperson mitnehmen. Caroline DʼAndrès: «Vertrauen ist die Basis, um Ängste und Scham abzubauen. Denn manchmal kann es mehrere Monate dauern, bis man die optimale Behandlung gefunden hat. Umso wichtiger ist es, dass die Mädchen sich wohlfühlen, zufrieden sind und wissen, dass wir der ärztlichen Schweigepflicht unterstehen.» Die besten Voraussetzungen also, um Mädchen auf ihrem Weg zur Frau zu begleiten.

«Wenn frau aus dem Rhythmus kommt»

Störungen im weiblichen Monatszyklus kennen wohl die meisten Frauen. Doch wodurch werden sie verursacht und was kann man dagegen tun? Dr. med. Pavlos Sachsanidis, Leitender Arzt im Gynäkologischen Ambulatorium, klärt auf.

Der weibliche Zyklus dauert im Durchschnitt 28 Tage, bei manchen Frauen etwas länger, bei anderen etwas kürzer. Pavlos Sachsanidis erklärt: «Alles, was zwischen 25 und 35 Tagen liegt, kann als normal bezeichnet werden. Sobald die 25 Tage jedoch regelmässig unterschritten werden oder Zwischenblutungen auftreten, sollte man den Gynäkologen auf suchen, um die Ursache dafür zufinden und, vor allem, um einer Blutarmut vorzubeugen.»

Typische Störungen
Generell gibt es zwei Arten von Störungen beim Monatszyklus: zeitliche Veränderungen und Veränderungen in der Intensität der Monatsblutung. Pavlos Sachsanidis: «Die Ursachen für solche Veränderungen können vielseitig sein: Medikamente können eine Rolle spielen, Gewichtszunahme oder -abnahme durch Essstörungen, körperliche Belastung, psychische Faktoren oder Hormone, die aus dem Gleichgewicht geraten sind.» Auch körperliche Ursachen wie Entzündungen, Polypen, Myome der Gebärmutter oder gar bösartige Erkrankungen wie Tumore können solche Veränderungen hervorrufen. «Daher ist es wichtig, den Ursachen möglichst schnell auf den Grund zu gehen und diese effektiv zu behandeln», meint Pavlos Sachsanidis. Eine gezielte Therapie kann, je nach Ursache, durch Medikamente oder allenfalls eine notwendige Operation erfolgen.

Das kann Frau tun
Es ist wichtig, den eigenen Körper und auch den eigenen Rhythmus zu kennen. Dabei kann es helfen, einen Kalender zu führen, in welchem man Anfang und Ende der Monatsblutung notiert, die Intensität vermerkt und andere Symptome wie zum Beispiel Schwindel oder Schwächegefühl notiert. Diese Informationen und die notwendigen Untersuchungen können helfen, die Ursache zu finden und frau durch die richtige Therapie wieder in ihren gewohnten Rhythmus zu bringen.

«Wenn die Hormone Achterbahn fahren»

Die Geburt eines Kindes ist in der Regel ein freudiges Ereignis. Doch nicht jede Frau empfindet dies so. Bei rund 15 % der Frauen wird durch die Geburt eine Krise ausgelöst: die postpartale (postnatale) Depression. Wie geht man damit um und wo finden betroff ene Mütter Hilfe? Frau Dr. med. Dorothea Hefti, stellvertretende Chefärztin der Frauenklinik, klärt auf.

Hormone im «freien Fall»
Am Ende der Schwangerschaft ist der Östrogenspiegel etwa 200-mal höher als normal, der Progesteronwert etwa 50- bis 100-mal. Nach der Geburt fallen diese Werte innerhalb von wenigen Tagen unter den Normalwert ‒ die Frau ist hier also innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes enormen hormonellen Schwankungen ausgesetzt. Dorothea Hefti erklärt: «Die Geburt eines Kindes verändert das ganze Leben, und die Hormonschwankungen sind in dieser Phase extrem. Dies führt etwa drei bis vier Tage nach der Geburt zum allgemein bekannten ‹Babyblues›, mit dem die allermeisten Frauen aber gut zurechtkommen.»

Darüber reden hilft
Die Auslöser für eine postpartale Depression sind vielfältig, jedoch geht man heute davon aus, dass persönlichkeitsbezogene Faktoren ebenso eine Rolle spielen können ‒ im Sinne von überhöhten perfektionistischen Ansprüchen an sich selbst ‒, aber auch ein Erschöpfungszustand durch gestörten Schlaf oder eben extreme Hormonveränderungen während der Schwangerschaft, der Geburt und der Stillzeit. Dorothea Hefti: «Gerade dann ist es wichtig, dass die jungen Mütter wissen, dass man diese Traurigkeit nicht verstecken muss, sondern dass man durchaus etwas dagegen unternehmen kann. Es darf kein Tabuthema mehr sein. Daher informieren wir heute alle jungen Mütter im Wochenbett über unser Angebot im Bereich ‹PsyGynSRO›, wo betroff ene Frauen entsprechende Hilfe bei Fachpersonen finden. In den Therapiegesprächen findet man Auswege aus der belastenden Situation. Und in akuten Fällen ist eine persönliche Betreuung auch zu Hause möglich.»

«Wechseljahre ‒ Zeit der Veränderung»

Im Leben gibt es immer wieder Phasen des Umbruchs. Phasen, die alle Menschen in ähnlicher Weise durchlaufen, wenngleich die Erscheinungsformen und der Umgang hiermit sehr individuell sind. Eine solche Phase stellen auch die Wechseljahre dar. Sie finden üblicherweise zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr statt.

Dr. med. Ute Maria Bieser, Leitende Ärztin an der Frauenklinik des SRO, erklärt: «Als Wechseljahre bezeichnet man den Übergang zwischen dem körperlich fruchtbaren und dem körperlich unfruchtbaren Lebensabschnitt. Man könnte die Zeit auch als ‹umgekehrte Pubertät› bezeichnen. Während in der Pubertät die weibliche Hormonproduktion angestossen wird und ihren Rhythmus finden muss, erfolgt in der Menopause wiederum eine Achterbahnfahrt der Hormone, bevor der Körper u. a. in den Eierstöcken die Östrogenproduktion nahezu einstellt.» 

Spürbare Veränderungen
Etwa zwei Drittel aller Frauen sind von Wechseljahresbeschwerden betroffen. Bereits in der ersten Phase (späte Prämenopause) können sich Symptome wie Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, unregelmässige Zyklen, Gewichtszunahme oder Spannungsgefühl in den Brüsten bemerkbar machen. In der zweiten Phase (Perimenopause) können weitere Symptome wie Hitzewallungen, starkes Schwitzen, Nervosität und Erschöpfung hinzukommen, bis letztlich mit der Postmenopause die Monatsblutung aufhört. Das Risiko für Osteoporose sowie Trockenheit der Schleimhäute steigt dann deutlich an. Vorteil dieser letzten Phase: Der neue Hormonspiegel hat sich stabilisiert und andere begleitende Beschwerden verschwinden nach einer gewissen Zeit meist wieder.

Was erwartet einen und was kann man tun? 
Je nach Schweregrad der Beschwerden sind verschiedene Therapieformen möglich, von der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) bis zur individuellen Hormontherapie. Letztere hilft vor allem bei einer verfrühten Menopause oder als Prävention bei schwerwiegender Osteoporose bei Vorfahren. Bei Inkontinenz oder wiederkehrenden Harnwegsinfektionen kann eine lokale Therapie mit Östrogenen helfen. Generell gilt: Die Wechseljahre sind eine Phase der Veränderung, in der man nie vergessen sollte, auch im inneren Gleichgewicht zu bleiben.

Das Mammakarzinom

Jedes Jahr erkranken in der Schweiz etwa 6200 Frauen an Brustkrebs. Welche Rolle die weiblichen Geschlechtshormone bei einem Mammakarzinom spielen und wie Antihormonpräparate heute in der Behandlung von Brustkrebs eingesetzt werden, erklärt Dr. med. Daniele Bolla, Chefarzt der Frauenklinik.

«Etwa zwei Drittel aller bösartigen Brusttumore wachsen abhängig von weiblichen Geschlechtshormonen, vor allem von Östrogenen», erklärt Dr. Bolla. «Mammakarzinome haben auf ihrer Oberfläche eine Art ‹Andockstelle› für Geschlechtshormone, sogenannte Hormonrezeptoren, über die sie von den jeweiligen Hormonen den Befehl erhalten, zu wachsen und sich zu teilen.»

Antihormontherapie gegen Brustkrebs
Weibliche Geschlechtshormone werden unter anderem in grösseren Mengen in den Eierstöcken gebildet und können bei hormonabhängigem Brustkrebs bewirken, dass Krebszellen schneller wachsen und sich im Körper ausbreiten (Metastasenbildung). Daniele Bolla: «Genau hier setzt die Antihormontherapie an: Sie bekämpft bei Brustkrebs jene Zellen, deren Wachstum durch Hormone stimuliert wird. Daher können Patientinnen bei Brustkrebs in frühem Stadium als alleinige Therapie oder nach einer Operation als unterstützende Therapie Antihormonpräparate erhalten, die ein weiteres Wachstum der Tumorzellen verlangsamen oder stoppen können.»

Form und Dauer der Therapie
Die Antihormontherapie ist in Tabletten- oder Spritzenform verfügbar und kann mit anderen medikamentösen Therapien kombiniert werden. Im Vergleich zur Chemotherapie werden antihormonelle Therapien meist als gut verträglich empfunden, da gesunde Zellen nicht direkt angegriff en werden. «Die Therapie wirkt, wie die Chemotherapie auch, im gesamten Körper und bekämpft darum selbst kleinste Tumoransiedlungen», erklärt Daniele Bolla. «Bisher galt die Empfehlung, eine solche Therapie generell fünf Jahre durchzuführen. Mittlerweile tendiert man dazu, die Therapie auf acht bis zehn Jahre auszudehnen, um das Rückfallrisiko zu minimieren.» 

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