Auf den Bauch hören

Der Darm ist ein Schwerarbeiter: Er verdaut, fordert Nachschub, meldet ein dringendes Bedürfnis. Vielfach wird unterschätzt, was dieses Organ leistet.

Unser Darm reagiert sehr sensibel. Über Millionen von Nervenzellen hat er direkten Kontakt mit dem Gehirn – manche bezeichnen ihn sogar als unser zweites Gehirn. Nicht nur, weil er oft ein «Eigenleben» entwickelt, sondern weil wir auch viele Entscheidungen spontan – aus dem Bauch heraus – treffen.

Das Kribbeln im Bauch kann wunderschön sein, ständiges Magendrücken dagegen sehr belastend: Kein Zufall, wie viele Redewendungen und Volksweisheiten mit dem Bauch und der Verdauung zusammenhängen: «Auf das Bauchgefühl hören» oder «Es liegt mir etwas auf dem Magen».

Nicht immer verursacht allein die Ernährung Probleme. Nachdem alle organischen Ursachen ausgeschlossen worden sind, sollte man sich mit möglichem seelischem Ballast befassen, der den Magen beeinträchtigt. Wer unter psychischem Stress leidet, hat eine verzögerte Magenentleerung und somit ein verstärktes Völlegefühl. Ebenfalls möglich ist ein verstärkter Rückfluss, welcher vom Mageninhalt verursacht werden kann und der zurück in den Mund fliesst. Daher rührt der Ausdruck «Gift und Galle spucken».

Die Darmzotten nehmen während des Verdauungsvorgangs sämtliche Vitalstoffe von Vitaminen, Spurenelementen und Aminosäuren bis hin zu Proteinen und Kohlenhydraten auf. Im Darm unterscheiden wir zwischen den guten und schlechten Bakterien. Die guten sorgen dafür, dass sich die krankheitserregenden Mikroorganismen nicht im Übermass vermehren.

Nach jeder Einnahme eines Antibiotikums gerät das Darmmilieu durcheinander und sollte wieder aufgebaut werden, z.B. mit Naturjoghurt oder Sauerkraut.

Alarm im Darm
Der Darm gilt weithin als Tabuthema. Deshalb suchen viele Betroffene zu spät ärztlichen Rat. Alarmsymptome sind Blut im Stuhl, Gewichtsverlust, familiäre Erkrankungen von Dickdarmpolypen respektive Dickdarmkrebs.

Wenn der Darm rebelliert: die wichtigsten Darmerkrankungen

Verstopfung
Eine Verstopfung kann unterschiedliche Ursachen haben, angefangen bei Ernährung, Bewegungsarmut, Alter, Reizdarmsyndrom, aber auch unterliegende Erkrankungen. Als Basistherapie empfehlen wir eine ausgewogene, faserreiche Ernährung mit genügend Ballaststoffen, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (täglich mindestens zwei Liter Wasser oder Tee) sowie regelmässige Bewegung. Mit diesen einfachen Lebensstilanpassungen kann viel erreicht werden. Allenfalls helfen Hausmittel wie Feigensaft oder Bananen. Abführmittel sollten nur kurzfristig eingesetzt werden.

Tritt die Verstopfung erstmals im Alter ab 50 Jahren auf oder ist mit Blähungen assoziiert, bei schmerzhaftem Stuhlgang und wenn einfache Mittel wirkungslos sind, ist ein Besuch beim Hausarzt angezeigt. Er kann differenzieren und über das weitere Vorgehen entscheiden. Er kennt den Patienten und welche Medikamente er nimmt. Diese können ebenfalls Verstopfung oder auch Durchfälle hervorrufen. Denn Verstopfung ist nicht immer harmlos: Bei andauernden Beschwerden muss abgeklärt werden, ob Erkrankungen wie Entzündungen, Durchblutungsstörungen, Entleerungsstörungen, Reizdarm oder gar Darmkrebs vorliegen.

Reizdarmsyndrom (RDS)
Der «gereizte» Darm ist keine eigenständige Krankheit. Man geht heute davon aus, dass dem Reizdarmsyndrom (RDS) ein komplexes Geschehen zugrunde liegt, in dem körperliche und psychologische Faktoren zusammenkommen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das sogenannte enterische Nervensystem, unser «zweites Gehirn».

Bei Funktionsstörungen des Magen-Darm-Traktes sind viele Patienten verunsichert, weil trotz ausführlicher Diagnostik keine Ursachen gefunden werden. Die Reizdarmsymptome Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung und Blähungen gehören zu den häufigsten Beschwerden des Verdauungssystems und können die Lebensqualität einschränken.

Die Diagnose Reizdarm wird zu oft und zu früh gestellt, ohne dass eine ausreichende Diagnostik wie z.B. eine Darmspiegelung (Koloskopie) gemacht wurde. Entscheidend ist, dass zuerst alle anderen Erkrankungen ausgeschlossen werden. Wird bei der Diagnostik etwas übersehen, kann das fatale Folgen haben. Etwa bei jener Patientin, die jahrelang an Durchfall litt und mit der Diagnose RDS in die SRO AG kam. Mittels einer Darmspiegelung und Gewebeproben diagnostizierten wir eine chronische Darmentzündung, die mit Cortison behandelt werden musste.

In der Ernährungsberatung wird auf die sogenannte Fodmapsarme Ernährung hingewiesen, die besonders bei unspezifischen Darmbeschwerden kurzzeitig eingesetzt werden kann (Einschränkung ausgewählter Kohlenhydrate). Dabei werden nach einer Eliminationsphase die Nahrungsmittel getestet, um die individuelle Toleranz herauszufinden.

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Die Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa weisen ähnliche Symptome auf. Charakteristisch sind andauernde, meist unblutige oder blutige Durchfälle, starke Müdigkeit, Schmerzen im Unterbauch und das schubweise Auftreten der Symptome.

Typisch für Morbus Crohn sind die wechselnden Stellen der Entzündungen, die sich auf den gesamten Verdauungstrakt von der Speiseröhre bis zum Analkanal und prinzipiell auf alle Organsysteme ausdehnen können, z.B. Arthritis. Heute gibt es eine Reihe wirksamer medikamentöser Therapieformen und Behandlungsmethoden, die Schmerzen und Symptome deutlich lindern und den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Geheilt werden kann diese chronische Erkrankung nicht.

Colitis ulcerosa ist eine chronisch entzündliche Dickdarmerkrankung, die häufig vom Enddarm ausgeht und sich auf den gesamten Dickdarm ausbreiten kann. Die Behandlung richtet sich nach der Intensität der Beschwerden. Bei leichter bis mittelschwerer Krankheitsaktivität werden meist entzündungshemmende Präparate eingesetzt. Eine Operation wird dann notwendig, wenn sich die Beschwerden trotz Medikamenten nicht verbessern und Komplikationen wie ein Darmverschluss auftreten. Nach langjährigem Verlauf besteht zudem ein erhöhtes Krebsrisiko, welches entfällt, wenn der Dickdarm entfernt wird. Die schwierige Diagnosestellung kann über Jahre gehen und ist auch nach Gewebeproben nicht immer zu hundert Prozent möglich.

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